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- Nr. 3/2024 − September
H+ Bundeshaus 3/2024
Editorial
von Regine SauterKeine zentralistischen Vorgaben ohne Finanzierung
von Anne-Geneviève BütikoferEditorial
Dieser Entscheid stellt einen Meilenstein dar: Dank der ambulanten Pauschalen wird ein effizientes Erbringen der medizinischen Leistungen belohnt. Die Pauschalen basieren auf realen Daten und zeigen, welche Aufwände hinter einer spezifischen Behandlung stehen. Bezahlt wird somit stets das, was geleistet wurde – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Diese faire und zukunftsgerichtete Tarifierung wird auch dazu beitragen, die Ambulantisierung weiter voranzutreiben – zum Vorteil der Patientinnen und Patienten, aber auch der Prämienzahlenden.
Von Seiten der Politik wird der Fokus stark auf die Kostenneutralität des neuen Tarifsystems gelegt – eine Forderung, die H+ unterstützt. Entscheidend ist aber, dass die Kostenneutralität korrekt und zielführend umgesetzt und sichergestellt wird. Um das Ziel der Pauschalen zu erreichen und marktwirtschaftliche Anreize zu schaffen, braucht es zwingend Preisanpassungen bei verschiedenen Eingriffen.
Die letzten Arbeiten zur Einführung des neuen Systems laufen aktuell in der nationalen, ambulanten Tariforganisation der Leistungserbringer und Versicherer OAAT. H+ setzt alles daran, dass diese Arbeiten partnerschaftlich und fristgerecht erfüllt werden. Es wird damit endlich möglich, ein modernes und sachgerechtes Tarifsystem einzuführen.

Regine Sauter
Präsidentin, Nationalrätin
Keine zentralistischen Vorgaben ohne Finanzierung
Statt die Sozialpartnerschaft zu stärken, setzt der Bundesrat bei der Umsetzung der 2. Etappe der Pflegeinitiative auf noch mehr Regulierung. Es drohen massive Mehrkosten, deren Finanzierung nicht ansatzweise geklärt ist.
Der Zweck der bundesrätlichen Vorlage, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und die Verweildauer im Pflegeberuf zu erhöhen, ist unbestritten. Die vorgeschlagenen Massnahmen sind aber aus Sicht von H+ unausgereift und systemfremd.
Neue zentralistische Vorgaben zu Höchst- und Normalarbeitszeiten oder dem Ausgleich von Überstunden stellen nicht verhältnismässige Eingriffe in die unternehmerische Freiheit der Spitäler und Kliniken dar. Die Einführung von Regelungen für eine spezifische Berufsgruppe, die über das bestehende Arbeitsgesetz hinausgehen, führt zudem zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Mitarbeitenden in den Institutionen, etwa Physiotherapeut:innen oder medizinisch-technischem Fachpersonal. Es ist nicht einzusehen, weshalb die gut funktionierende Sozialpartnerschaft auf diese Weise untergraben werden soll.
Mehrkosten in Milliardenhöhe drohen
Der vom Bundesrat vorgeschlagene Weg hätte für die Leistungserbringer Mehrkosten von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr zur Folge. Wenn der Bundesrat die Wochenarbeitszeit auf 38 Stunden verkürzt, kämen sogar Mehrkosten von bis zu 1,4 Milliarden Franken pro Jahr dazu. Die Erwartung des Bundesrates, dass die Leistungserbringer ihre finanziellen Mittel umverteilen, um diese Mehrkosten selbst zu decken, ist schlichtweg illusorisch. Bereits heute können die allermeisten Spitäler und Kliniken keine schwarzen Zahlen schreiben, da die bestehenden Tarife die realen Kosten nicht decken. Zusätzliche Mehrkosten würden den finanziellen Druck weiter erhöhen und die Versorgung ernsthaft gefährden.
Keine neuen Vorgaben ohne Finanzierung
Für die Leistungserbringer ist klar: Die Mehrkosten müssen durch entsprechende Anpassungen der Tarife und Beiträge gedeckt werden. Die Spitäler und Kliniken brauchen keine neuen und nicht finanzierten Aufgaben und administrativen Vorgaben, sondern eine gesicherte finanzielle Perspektive. So können sie ausreichend Fachpersonal ausbilden und diesem attraktive Arbeitsbedingungen bieten.

Direktorin
Wie weiter bei den Labortarifen?
Die Tarife bei Laboranalysen sollen neu durch die Tarifpartner ausgehandelt werden. Ohne klare Leitplanken und belastbare Daten wird das aber nicht funktionieren.
Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, die Tariffestsetzung bei Laboranalysen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anzupassen. Künftig sollen die Tarife für Laboranalysen nicht mehr vom Bund festgesetzt, sondern zwischen den Tarifpartnern ausgehandelt werden ((24.037) BRG. KVG (Tarife der Analysenliste). Änderung).
H+ lehnt einen solchen Wechsel vom Amtstarif zum Vertragstarif ab. Die Gefahr von Blockaden aufgrund der Vielzahl beteiligter Akteure und – als Folge davon – von tariflosen Zuständen ist gross. Auch die aktuell fehlende Datenbasis spricht gegen einen solchen Wechsel.
Der Ständerat berät das Geschäft in der Herbstsession. Sollte er trotz der genannten Bedenken die KVG-Revision annehmen, sind die Übergangsbestimmungen wie folgt festzulegen:
- angemessene Übergangsfrist von mindestens fünf Jahren;
- Anerkennung der Mehrkosten, die während der Übergangsphase anfallen, einschliesslich Teuerung und Lohnentwicklung und
- dass kostendeckende Tarife und eine belastbare Datengrundlage die Basis für einen eventuellen Verhandlungstarif bilden.

Fachverantwortlicher Gesundheitspolitik
Zulassung ausländischer Ärzt:innen: Weitere Ausnahmen nötig
Eine Standesinitiative fordert, dass ausländische Ärzt:innen bei nachgewiesenem Bedarf von der dreijährigen Tätigkeitspflicht an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte ausgenommen werden können, und zwar in allen Versorgungsbereichen. H+ unterstützt dieses Begehren.
Ärzt:innen, die über einen eidgenössischen Weiterbildungstitel oder einen als gleichwertig anerkannten ausländischen Titel verfügen, müssen während mindestens drei Jahren an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben. So will es das KVG. Von dieser Vorschrift ausgenommen sind die Fachbereiche Allgemeine innere Medizin, Praktische/r Arzt/Ärztin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Dies hat das Parlament in der Frühjahrssession 2023 beschlossen (22.431. Pa.Iv. SGK-N).
Unterstützenswerte Standesinitiative aus dem Wallis
Der Kanton Wallis hat daraufhin die Standesinitiative 24.300 eingereicht. Darin fordert er die Ausweitung der Ausnahmeregelung – bei Erfüllen bestimmter Anforderungen – auf alle Fachrichtungen, in denen auf dem Kantonsgebiet eine Unterversorgung besteht. Gemäss einem Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) vom Mai 2022 liegt im Kanton Wallis die Abdeckung in 25 von 33 medizinischen Fachgebieten unter dem Schweizer Durchschnitt. Auch in anderen Kantonen verschärft sich diese Problematik.
Es ist deshalb dringend notwendig, dass bei nachgewiesenem Bedarf generell qualifizierte Ärzt:innen aus dem Ausland rekrutiert werden können. H+ unterstützt das Anliegen der Standesinitiative und fordert eine Ausnahmeregelung ohne abschliessende Liste mit Versorgungsbereichen. Denn es ist weiterhin nicht klar absehbar, in welchen Bereichen es zu Engpässen kommt.
Patient:innen sollen einen garantierten Zugang zu einer qualitativ hochstehenden und zweckmässigen Versorgung haben – in der Grundversorgung sowie auch im spitalambulanten Bereich.

Fachverantwortliche Gesundheitspolitik und Gesundheitsrecht