Der Preisüberwacher vergleicht Äpfel mit Birnen – Spitalvergleich realitätsfremd

In seinem Newsletter vom 22. Juni 2023 informiert der Preisüberwacher über sein Vergleichssystem (Benchmarking) für den Bereich der Akut-Spitäler für 2023. Als Massstab hat er das 20. Perzentil gewählt: Spitäler, welche darüber liegen, gelten als ineffizient – eine realitätsfremde Annahme. Von diesem willkürlich gewählten Wert ausgehend und basierend auf den Kosten- und Leistungsdaten von 152 Akutspitälern aus der gesamten Schweiz hat er für jedes Spital den Basispreis berechnet und den nationalen Benchmarkwert ermittelt. Der Preisüberwacher kommt auf einen Wert von 9'353 Franken. Das sind 118 Franken mehr als 2022 (+1.2%), was bei einer Teuerungsrate von 3 Prozent völlig ungenügend ist. Solche Berechnungen sind unseriös und führen letztlich dazu, dass die Versorgung gefährdet wird. Das muss aufhören – H+ fordert, dass wissenschaftlich fundierte Vergleichssysteme eingeführt und die Tarife prospektiv an die Teuerung angepasst werden.

Preisüberwacher gefährdet mit seinen Benchmarks die Versorgung
Aus Sicht von H+ vergleicht der Preisüberwacher bei seinen Benchmark-Berechnungen Äpfel mit Birnen. Denn er, wie auch die Krankenversicherer, stellen alle Institutionen, die stationäre Leistungen erbringen, in einer Reihe auf und ordnen sie nach ihren jeweiligen Fallkosten. Das führt dazu, dass die Kosten von Universitätsspitälern mit kleineren Spitälern sowie mit Geburtshäusern verglichen werden. Obwohl bei den Fallkosten Unterschiede im Patientengut der Spitäler berücksichtigt werden, verbleiben markante Unterschiede zwischen den Betrieben, welche nicht durch Effizienzunterschiede, sondern durch exogene Einflussfaktoren zustande kommen. Die Spitäler können diese weitgehend nicht beeinflussen, denn sie beinhalten Unterschiede in Leistungsaufträgen oder standortspezifische Aspekte, welche in der Tarifstruktur nicht berücksichtigt sind. Beispiele für exogene Faktoren sind: Notfallversorgung an 365 Tagen während 24 Stunden, Hochspezialisierte Medizin, Unispitäler-Infrastrukturen, die Breite und Tiefe des Leistungsangebots, oder regionale Standortfaktoren wie das Lohnniveau.

Exogene Faktoren werden weder vom Preisüberwacher noch von den Versicherern in die Berechnung und Festlegung des Benchmarks miteinbezogen. Das Resultat sind zu tiefe Benchmarks und damit zu tiefe Tarife. Die Spitäler können in der Folge die Kosten nicht decken, was dazu führt, dass Patientinnen und Patienten nicht mehr richtig versorgt werden können.

Eine nachhaltige Finanzierung geht nur über Tarifanpassungen
Dass die Tarife angemessen erhöht werden müssen, darüber herrscht inzwischen ein breiter Konsens. Jüngst haben am 8. Juni 2023 die GDK, die Arbeitgeberverbände sowie die Berufsverbände und Gewerkschaften eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie festhielten, dass Anpassungsbedarf rund um die Tarifsysteme besteht, damit die Teuerung wie auch personalkostenrelevante Massnahmen unmittelbar einbezogen werden können.

Zurzeit werden weder Teuerung noch Kostensteigerungen aufgrund des Fachkräftemangels in den Tarifverhandlungen berücksichtigt. Die Folge sind Tarife, welche die Kosten selbst von effizient erbrachten Leistungen nicht decken. Ohne eine genügende Finanzierung können die Spitäler und Kliniken beispielsweise Löhne nicht an die Teuerung anpassen oder die Arbeitsbedingungen verbessern. Somit werden die Institutionen noch mehr Fachkräfte verlieren, was zu Bettenschliessungen und sinkenden Erträgen bis hin zu Spitalschliessungen führt. Damit gefährden wir die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten. Das muss jetzt aufhören – wissenschaftlich fundierte Vergleichssysteme müssen dringend unseriöse Benchmarks ablösen.

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