BAG-Faktenblatt zu Abrechnung ambulanter Leistungen auf räumliche Distanz

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat zusammen mit den Versichererverbänden das Faktenblatt «Kostenübernahme für ambulante Leistungen auf räumliche Distanz während der COVID-19-Pandemie» erstellt. H+ kritisiert, dass viele Anforderungen von Seiten der Spitäler nicht berücksichtigt wurden.

Das Faktenblatt hat gemäss BAG zum Ziel «temporäre Lösungen zur Abrechnung von Konsultationen auf räumliche Distanz anstelle von Konsultationen in der Praxis oder bei den Patientinnen und Patienten zuhause» sicherzustellen.

Nur Versichererverbände konsultiert
Inhaltlich zielt das Faktenblatt auf «Konsultationen in der Praxis oder bei den Patientinnen und Patienten zuhause.» Die Empfehlungen stützen sich auf eine vorangehende Abstimmung des BAG mit den Krankenversichererverbänden (curafutura und santésuisse) sowie der Medizinaltarifkommission UVG MTK. Das Faktenblatt enthält auch Bestimmungen für Leistungen, die in Spitälern und Kliniken erbracht werden. H+ hatte vorgängig das BAG schriftlich auf die stark veränderten Anforderungen an die Leistungserbringung im ambulanten Setting aufmerksam gemacht. Doch leider wurden die Anliegen von H+ nicht berücksichtigt bzw. H+ in die Erarbeitung des Faktenblatts nicht eingebunden. Wir setzen uns nun dafür ein, dass die Anliegen noch nachgängig aufgenommen werden.

Anpassungen bei den Limitationen
Im Faktenblatt wird erneut auf Artikel 10a Absatz 2 der Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19-Verordnung 2) aufmerksam gemacht, wonach Leistungen ohne medizinische Dringlichkeit nicht durchgeführt werden dürfen. Für die telefonische Konsultation durch alle Fachärztinnen und Fachärzte verweist das BAG auf die TARMED Anwendung und empfiehlt zusätzlich:

  • Besonders gefährdete Patientinnen und Patienten (Art. 10b COVID-19-Verordnung 2) können unabhängig vom Alter als Personen mit erhöhtem Behandlungsbedarf gelten. Die entsprechenden Leistungspositionen und damit verbundenen erhöhten Limitationen dürfen angewendet werden.
  • Die Positionen für telefonische Konsultationen können für jeglichen fernmündlichen, d.h. direkten und simultanen/zeitgleichen Kontakt (z.B. Videokonferenz) angewendet werden.
  • Da die Anzahl Sitzungen nicht limitiert ist, kann in Ausnahmefällen und bei medizinischer Notwendigkeit mehr als eine Sitzung pro Tag für telefonische Konsultationen (mit Unterbruch) abgerechnet werden. Die Abrechnung von mehreren Sitzungen pro Tag zur Umgehung der Limitationen ist nicht zulässig.

Für Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie gelten dieselben Empfehlungen. Zusätzlich werden die Limitationen der telefonischen Konsultation auf die Zeit wie bei den normalen Konsultationen erhöht:

  • Bei fernmündlicher Sitzung zwischen Arzt und Patient, welcher sich bereits in Therapie befindet, können die Limitationen analog der Limitation für die psychiatrischer Diagnostik und Therapie in der Arztpraxis, d.h. 75 Minuten (Einzelsetting), angewendet werden.

Die delegierte psychologische Psychotherapie in Spitälern kann wie folgt abgerechnet werden:

  • Ausnahmefälle sind Personen unter 6 und über 75 Jahren oder Personen mit erhöhtem Behandlungsbedarf. In diesen Fällen ist die telefonische Konsultation auf 40 Minuten pro Sitzung limitiert.
  • Die eigentliche Anzahl Sitzungen ist nicht limitiert.
  • Besonders gefährdete Patientinnen und Patienten (Art. 10b COVID-19-Verordnung 2) können unabhängig vom Alter als Personen mit erhöhtem Behandlungsbedarf gelten. Die entsprechenden Leistungspositionen und damit verbundenen erhöhten Limitationen dürfen angewendet werden.
  • Die Positionen für telefonische Konsultationen können für jeglichen fernmündlichen, d.h. direkten und simultanen/zeitgleichen Kontakt (z.B. Videokonferenz) angewendet werden.

H+ Anliegen nicht berücksichtigt
Die im Faktenblatt aufgezeigten Anpassungen gehen in die richtige Richtung, berücksichtigen jedoch viele Anforderungen der Spitäler nicht. Es fehlen:

  • Für ambulante psychiatrische Leistungen Anpassungen zur Abrechnung der Therapie zu Hause (Home Treatment).
  • Eine adäquat abrechenbare Dauer der telefonischen Konsultation bei somatischen Patienten. Insbesondere bei Patienten, die mit Verdacht auf COVID-19 eine Ärztin/einen Arzt im Spital konsultieren, besteht ein erhöhter Behandlungs-, Betreuungs- und Aufklärungsbedarf, bei dem die nun zur Abrechnung empfohlenen 30 Minuten kaum ausreichen, um die anfallenden Kosten der tatsächlich länger dauernden Konsultationen zu decken. H+ verlangt, dass diese Limite auf 50 Minuten erhöht wird.
  • Für telefonische Konsultationen und Beratungen, die auf ärztliche Anordnung erfolgen wie therapeutische Behandlungen (z.B. Physiotherapie, Ergotherapie etc.) sowie Hebammenleistungen verlangt H+, dass diese Leistungspositionen auch bei fernmündlich erbrachter Behandlung erfasst und abgerechnet werden dürfen.

Weiter fehlt es an Anwendungsregeln für die Zeit wenn verschobenen Therapien wieder aufgenommen werden. Diese Regelung soll gelten, wenn die Anordnung für einen beschränkten Zeitraum bis zum Start der Behandlung gilt (Beispiel: 5 Wochen bei Ergotherapie und Physiotherapie) oder wenn die Behandlung lediglich innerhalb von drei Monaten seit Beginn der ersten Therapie von der OKP übernommen wird (Beispiel: Physiotherapie, MTT). Hier erwartet H+ vom BAG einheitliche Anweisungen an die Leistungserbringer und Versicherungen, dass die Behandlungen, dann wenn sie wieder erlaubt sind, geleistet und ohne bürokratische Hürden abgerechnet werden können.

Das BAG überarbeitet derzeit das Faktenblatt und ergänzt es um Empfehlungen für die nicht-ärztlichen Leistungen. Wir werden Sie über die neue Version so rasch wie möglich informieren.