Triage in der Intensivmedizin: medizin-ethische Richtlinien sind aktualisiert
Die SAMW und die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin SGI veröffentlichen bei ausserordentlicher Ressourcenknappheit eine aktualisierte Version der Richtlinien für die Triage in der Intensivmedizin. Die Version 4 berücksichtigt die jüngsten Entwicklungen, fokussiert weniger stark auf COVID-19-Erkrankte und bleibt in den ethischen Grundsätzen unverändert.
Hauptgrund für die Aktualisierung der Richtlinien ist die veränderte Ausgangslage auf den stark ausgelasteten Schweizer Intensivstationen: Anders als während der ersten Wellen der COVID-19-Pandemie benötigen aktuell nicht vorwiegend ältere Menschen mit Vorerkrankungen eine intensivmedizinische Behandlung, sondern vermehrt junge, zuvor gesunde Patientinnen und Patienten. Mit den aktualisierten Triage-Richtlinien soll sichergestellt werden, dass auch bei einer ausserordentlichen Ressourcenknappheit mit den zur Verfügung stehenden Mitteln möglichst viele Menschenleben gerettet werden können, unabhängig davon, welche Krankheit oder Verletzung zur Einweisung führte.
Wie die Vorgängerversionen ergänzt das aktualisierte Dokument die SAMW-Richtlinien «Intensivmedizinische Massnahmen» (2013). Es richtet sich an Gesundheitsfachpersonen und bietet eine Hilfestellung bei schwierigen Entscheidfindungen.
Triage-Richtlinien: was bleibt, was ändert?
Unverändert bleiben die medizin-ethischen Grundsätze der Triage-Richtlinien, darunter die Gerechtigkeit: Gesundheitsfachpersonen sollen die Ressourcen ohne Diskriminierung verteilen. Merkmale wie Alter, Geschlecht, Behinderung, soziale Stellung oder Impfstatus dürfen nicht als Triagekriterien herangezogen werden. Der Respekt vor dem Wert des Lebens jeder und jedes Einzelnen ist nur dann gleich, wenn keine Unterschiede gemacht werden aufgrund von Meinungen, Entscheidungen oder Handlungen von Einzelnen. Ebenfalls unverändert ist das übergeordnete Ziel, möglichst viele Menschleben zu retten. Für die Triage bleibt die kurzfristige Überlebensprognose das erste und wichtigste Entscheidungskriterium.
Die überarbeiteten Richtlinien halten neu explizit fest, dass Gesundheitsfachpersonen den mit der intensivmedizinischen Behandlung verbundene erwartete Aufwand mit berücksichtigten sollen. Bei gleicher Überlebensprognose haben Interventionen, die schon nach kurzer Zeit den gewünschten Erfolg erwarten lassen Vorrang vor Interventionen, deren Effekt sich erst nach langer intensiver Therapiedauer einstellt.
Die Richtlinien der Version 4 stehen ab heute auf Deutsch und Französisch zur Verfügung. Im Verlauf der nächsten Woche werden auch Italienisch und Englisch angeboten. Mehr Informationen finden Sie in den FAQ und auf der SAMW-Website.
Hygienemassnahmen weiterhin einhalten und Impfempfehlung
Um in der COVID-19-Pandemie Engpässe auf den Intensivstationen zu vermeiden, spielt das Einhalten der Hygienemassnahmen (Masken tragen, Hände waschen etc.) weiterhin eine entscheidende Rolle. Auch die Impfung bietet einen wirksamen Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf. Die SAMW empfiehlt die Impfung allen, die sich impfen lassen können.