Swissmedic-Inspektionen: Nach wie vor Handlungsbedarf bei den Spitälern
Swissmedic führte 2023 in 25 Spitälern Inspektionen im Bereich Medizinprodukte durch. Die Kontrollen zeigen Handlungsbedarf in allen inspizierten Bereichen auf. Die festgestellten Abweichungen haben eine Auswirkung auf die Produkt- und damit die Patientensicherheit, schreibt Swissmedic in seinem aktuellen Bericht. H+ nimmt die Ergebnisse des Swissmedic-Berichts zu den Spitalinspektionen ernst, hält aber fest, dass die Qualitätssicherung und -entwicklung ohne eine adäquate Finanzierung der OKP-Leistung nur schwer umsetzbar ist.
Swissmedic überwacht in Schweizer Spitälern die Instandhaltung, die Aufbereitung sowie die Vigilance (Überwachungssysteme zur Erfassung und Meldung schwerwiegender Vorkommnisse) im Bereich der Medizinprodukte. Im Jahr 2023 führte Swissmedic Inspektionen in 25 Spitälern durch und stellte Handlungsbedarf fest. Die beobachteten Mängel bestätigen die bereits 2021/2022 erkannten Problemfelder. Die Abweichungen können gemäss Einschätzung von Swissmedic eine direkte oder indirekte Auswirkung auf die Produkt- und damit auf die Patientensicherheit haben. In seinem Bericht schreibt Swissmedic darum, dass die Spitäler Verbesserungsmassnahmen einleiten müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.
Sicherheit der Medizinprodukte: Handlungsbedarf bei den Spitälern
Die Spitalinspektionen im Jahr 2023 haben bereits 2021/2022 erkannten Mängel bestätigt und in der spitalinternen Instandhaltung der Medizinprodukte zusätzliche spezifische Mängel aufgezeigt. Wichtige Punkte sind:
- Ein effektives Qualitätsmanagement fehlt oft, ebenso wie geeignete Qualitätssicherungsmassnahmen.
- Kritische Mängel wurden bei der Aufbereitung der Medizinprodukte (Aufbereitungseinheiten für Medizinprodukte und Endoskopieabteilungen) festgestellt, insbesondere hinsichtlich der Qualifikation und Weiterbildung des Personals sowie der räumlichen Infrastruktur, die unzureichend war. Dies beinhaltete z. B. das Fehlen einer räumlichen Trennung der Schmutz- und Reinzonen, das Fehlen von Schleusen für den Zugang in den Reinbereich oder ungeeignete Lüftungen.
- Die verschiedenen Instandhaltungsprozesse (z. B. Beschaffung, Inventarisierung, Freigabe, Wartung) weisen zahlreiche Abweichungen auf und die Cybersicherheit ist in über 40 Prozent der Inspektionen von Mängeln betroffen.
- Das Spitalpersonal, inkl. Belegärzteschaft, ist oft unzureichend in der gesetzlichen Meldepflicht für schwerwiegende Vorkommnisse (Materiovigilance) geschult.
Insgesamt besteht aus Sicht von Swissmedic Verbesserungs- und Investitionsbedarf in den Bereichen technisches Qualitätsmanagement, Aus- und Weiterbildung des Aufbereitungspersonals sowie Infrastruktur der Aufbereitungsabteilungen. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Spitäler vermehrt untereinander austauschen und voneinander lernen würden. Vereinzelt gibt es Spitäler, die z. B. über ein geeignetes Qualitätsmanagement verfügen, das Personal regelmässig schulen oder proaktiv Umbaumassnahmen zur Verbesserung der Räumlichkeiten bereits umgesetzt oder zumindest geplant haben.
Ausblick
Angesichts der hohen Relevanz dieser Resultate für die Patientensicherheit hat Swissmedic sowohl die Überwachung als auch die Zusammenarbeit mit Fachpersonen zur Erarbeitung von Grundlagen für die Verbesserung der Qualitätssicherung intensiviert. Gemeinsam mit sachkundigen Fachpersonen werden in Arbeitsgruppen sogenannte «Gute Praxen» erarbeitet.
Position von H+ zum Swissmedic-Bericht 2023
H+ nimmt die Ergebnisse des Swissmedic-Berichts zu den Spitalinspektionen ernst, erinnert jedoch daran, dass sich die Spitäler und Kliniken gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden tagtäglich dafür einsetzen, eine hohe Qualität für alle Patient:innen zu erbringen. Denn die Qualitätssicherung und -entwicklung im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ist das Herzstück einer qualitativ hochstehenden Leistungserbringung. Doch Verbesserungsmassnahmen lassen sich nicht nach kurzer Zeit erreichen, sondern benötigen Zeit und Ressourcen.
Weiter hält H+ fest, dass die Qualitätssicherung und -entwicklung ohne eine adäquate Finanzierung der OKP-Leistung nur schwer umsetzbar ist. Qualität kostet, denn sie bindet personelle Ressourcen aber auch finanzielle Mittel für administrative Arbeiten wie Dokumentation, Schulung und Weiterbildung sowie für das Schnittstellenmanagement. Angesichts der schwierigen finanziellen Situation mit einer Unterfinanzierung vom 30% im ambulanten und 10% im stationären Bereich lassen sich zusätzliche Massnahmen und Auflagen kaum finanzieren. H+ fordert aus diesem Grund eine angemessene Finanzierung von zusätzlichen Aufgaben, die keine eigentlichen KVG-Leistungen sind.
Im Mai 2024 genehmigte der Bundesrat den ersten Qualitätsvertrag zwischen H+ und den Verbänden der Kranken- und Unfallversicherer, basierend auf dem revidierten Bundesgesetz über die Krankenversicherung. Damit ist der Grundstein gelegt, Qualitätsmessung, -sicherung und -entwicklung im Spital national einen transparenten und strukturierten Rahmen zu geben. Dies ermöglicht den Spitälern ihre Anstrengungen und Verbesserungen nicht nur einheitlich zu dokumentieren, sondern auch zu publizieren. Teil des Qualitätsvertrags ist die Einführung und der Unterhalt eines angemessenen Qualitätsmanagementsystems. H+ ist davon überzeugt, dass die Umsetzung des Qualitätsvertrags nach Art. 58a KVG eine nachhaltige Qualitätsentwicklung auch in den Bereichen der Medizinprodukte unterstützen wird.
Swissmedic ist die zentrale schweizerische Überwachungsbehörde des Bundes für Heilmittel. Im Bereich der Medizinprodukte überwacht Swissmedic in den rund 280 Schweizer Spitälern und Kliniken die Instandhaltung, die Aufbereitung sowie die Vigilance. Weitere Auskünfte gibt Dr. Rafael Moreno.