Tarifierung ambulante Medizin: Prüfbericht des BAG liegt vor

Der Prüfbericht für die erste Version der ambulanten Pauschalen liegt vor. Das BAG würdigt insbesondere das auf reellen Spitaldaten beruhende ambulante Pauschalensystem als positive Entwicklung für den ambulanten Sektor und informiert, was bis zum Erreichen der Genehmigungsreife noch zu tun ist.

Ende Dezember 2021 haben santéusisse und H+ dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine erste Version der ambulanten Pauschalen (Version 0.2) zur Überprüfung eingereicht. Dies mit dem Ziel, die ambulanten Pauschalen entsprechend den Erwartungen des BAG zu verbessern und bis zur Genehmigungsreife zu finalisieren. Im Juli 2022 haben H+ und santésuisse den Prüfbericht erhalten. Nach einer internen Analyse des Berichts, freuen wir uns, Ihnen eine kommentierte Version vorzulegen.

Das BAG legte im Prüfbericht den Fokus auf:

  • Tarifpartnerschaft
  • Datengrundlage
  • Kostenfolgeschätzung, Monitoring und keine Mehrkosten durch Tarifmodellwechsel

Zum Thema Tarifpartnerschaft kommt im Prüfbericht klar zum Ausdruck, dass die einheitliche Anwendung der Struktur nur dann gewährleistet ist und die Interessen sämtlicher massgeblichen Parteien berücksichtigt werden, wenn eine Mehrheit der Leistungserbringer und Versicherer die Pauschalen bzw. ein Gesamtsystem aus ambulanten Pauschalen, Teilen von TARDOC und einem übergeordneten Regelwerk mitträgt.

Betreffend Datengrundlage sind sich H+ und santésuisse bewusst, dass derzeit nur fallbezogene Leistungs- und Kostendaten der Spitäler und Kliniken verfügbar sind. Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Spitäler in den letzten Jahren in die ambulanten Prozesse (u.a. ambulantes Operieren) investiert und diese optimiert haben. Dies ist in den aktuellen Datenlieferungen bereits enthalten und wird sich zukünftig noch verbessern. Das Datenpotenzial ist allein im spitalambulanten Bereich enorm und kann mit der Inkraftsetzung der ambulanten Pauschalen bereits im ersten Jahr erschlossen werden.

Da die freie Praxis und ambulante Einrichtungen heute nicht verpflichtet sind eine Kostenrechnung zu führen, sind auch keine fallbezogenen Leistungs- und Kostendaten verfügbar. Dessen ist sich das BAG bewusst.

Für das BAG sind die Kostenfolgeschätzung, das Monitoring und das Sicherstellen der KVV-Bedingung «keine Mehrkosten durch Tarifmodellwechsel» ein zentraler Punkt bei der Genehmigung eines Gesamtsystems. Wichtig dabei ist, dass es intelligente Lösungen für das Gesamtsystem braucht. H+ und santésuisse werden zusammen mit den anderen Tarifpartnern nach weiteren sinnvollen Messgrössen in Ergänzung zum durchschnittlichen Schweregrad des Patientenkontakts und zur Anzahl der Patientenkontakte suchen und diese im bestehenden Konzept ergänzen. H+ hat gegenüber dem BAG auch unmissverständlich festgehalten, dass ein Konzept im Sinne eines Globalbudgets kein akzeptierbarer Weg sein wird, da die Spitäler nicht für ihre zentrale Rolle in der ambulanten Versorgung bestraft werden dürfen.

Gesamtsystem aus Pauschalen und TARDOC als Lösung
Im Schreiben des Bundesrates an die Tarifpartner vom Juni 2022 kommt deutlich zum Ausdruck, welche Erwartungen der Bundesrat an die Tarifpartner hat und welche Punkte für eine Genehmigung erfüllt sein müssen:

  • Kostenneutralität.
  • Langfristiges Monitoring mit kontinuierlicher Tarifpflege und Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit.
  • Konzept zur Mängelbehebung.
  • Nicht zwingend, aber wenn immer möglich und wünschenswert: gemeinsam erarbeitetes, kohärentes Gesamtsystem. Dabei dürfen die ambulanten Pauschalen den TARDOC nicht verzögern, sollten diese nicht gleichzeitig mit dem TARDOC zur Genehmigung eingereicht werden können.

Aus Sicht von H+ ist nur ein Gesamtsystem die Lösung, um die Mängel und Fehlanreize in der heute geltenden Tarifierung der ambulanten Medizin, aber auch im TARDOC zu beheben. Zudem wird die Einführung des Gesamtsystems dazu beitragen können, die Unterfinanzierung schrittweise zu beseitigen, obwohl diese primär ein tarifpolitisches Thema ist. Weiter wird sich die Datengrundlage weiter verbessern, sobald ambulante Einrichtungen wie niedergelassene Ärzte eine fallbezogene Kostenrechnung erstellen können. Für die Erarbeitung der Grundlagen ist H+ gerne bereit, das Know-how zur Verfügung zu stellen.

Austritt der FMCH ist logische Konsequenz zur Gründung der nationalen Tariforganisation
Die drei Träger-Organisationen der solutions tarifaires suisses AG haben es innerhalb kürzester Zeit geschafft, mit rund 300 ambulanten Pauschalen eine gute Grundlage für die Umsetzung des gesetzgeberischen Willens zu legen, den Einzelleistungstarif durch möglichst viele Pauschalen zu ersetzen. Der Prüfbericht des BAG bestätigt dies und zeigt, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.

Die Mitarbeit der FMCH war dabei sehr wertvoll, sie hat ihr ganzes Know-how eingebracht. H+ sieht den Austritt Anfang September der FMCH aus der solutions tarifaires suisses AG als logische Konsequenz im Hinblick auf die Gründung der geplanten nationalen Tariforganisation «Organisation für ambulante Arzttarife AG» (OAAT), welche von den offiziellen KVG-Tarifpartnern gebildet wird.

H+ richtet nun seinen Arbeiten zusammen mit santésuisse in der solutions tarifaires suisses AG darauf aus, die ambulanten Pauschalen sowie den TARDOC auf der Basis der jeweiligen Prüfberichte des BAG gemeinsam mit allen Tarifpartnern weiterzuentwickeln und, wie vom Bundesrat gewünscht, unter dem Dach der nationalen ambulanten Tariforganisation zu erarbeiten und bis Ende 2023 beim Bundesrat zur Genehmigung einzureichen.

Kontakt

Anne-Geneviève  Bütikofer

Anne-Geneviève Bütikofer

031 335 11 00
E-Mail