Arbeitswelterfahrung: 75 Prozent der befragten Spitäler lehnen die geplanten Änderungen ab

Die Schweizerische Hochschulkonferenz hat bis Ende Mai 2023 eine Konsultation zur geplanten gesetzlichen Änderung der Zulassung und Arbeitswelterfahrung im Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz durchgeführt. 75 Prozent der befragten Spitäler und Kliniken lehnen die geplante Änderung bei der Arbeitswelterfahrung ab. H+ beantragt dem Hochschulrat, die Ausarbeitung einer neuen Regelung für die Arbeitswelterfahrung zu sistieren.

Laut Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG, Artikel 25) müssen alle Bewerbenden mit gymnasialer Matura und fachfremder Berufsmatura für ein Fachhochschulstudium eine einjährige Arbeitswelterfahrung (AWE) nachweisen. Im Bereich der betroffenen Gesundheits-Studiengänge FH gilt seit knapp 20 Jahren eine Übergangsregelung, die es erlaubt, die AWE in Form von Zusatzmodulen vor, während oder nach dem Studium zu absolvieren (HFKG Art. 73 Abs. 3).

Diese Übergangsregelung will die Schweizerische Hochschulkonferenz nun aufheben. H+ lehnt diese geplante Änderung ab, da sie negative Konsequenzen für die Zusatzmodule der Studiengänge BSc Pflege, BSc Hebamme, BSc Physiotherapie, BSc Ergotherapie sowie BSc Ernährung und Diätetik der Fachhochschulen hätte. Stattdessen soll die AWE «während eines ganzen Jahres vor Studienbeginn oder in zwei Teilen absolviert werden». Die Schweizerische Hochschulkonferenz (SHK) hat dafür einen Konzeptvorschlag erarbeitet. Demnach «dauert der vor dem Studium absolvierte Teil mindestens zwei Monate. Die restlichen höchstens zehn Monate bis zum Total eines Jahres werden während dem Bachelorstudium absolviert und die Studiendauer verlängert sich entsprechend». Die AWE soll getrennt von den obligatorischen Studienpraktika stattfinden und vor dem letzten Studienjahr abgeschlossen sein (d.h. während des Studiums, jedoch ohne ECTS).

Berufliche Befähigung erst nach dem Studium
Damit findet eine Verlagerung von berufsspezifischen Praktika während bzw. am Ende des Studiums zu unspezifischen Praktika vor und während des Studiums statt. Für die Betriebe folgt daraus, dass sie vermehrt den Berufsanfänger:innen die so wichtige spezifische berufliche Befähigung noch nach dem Studium vermitteln müssen.

Spitäler und Kliniken lehnen die Änderung ab
Eine im Mai durchgeführte Kurzbefragung mit einer Stichprobe von 180 Spitälern und Rehabilitationskliniken durch H+ hat denn auch ergeben, dass drei Viertel der befragten Institutionen die vorgeschlagene Änderung deutlich ablehnen. Die Werte sind in der Deutsch- und Westschweiz gleich hoch.

Die Neuregelung würde demnach:

  • die Verfügbarkeit von ausreichend Praktikumsplätzen und damit die Ausbildungszahlen einschränken;
  • den Erwerb der Abschlusskompetenzen gefährden (Kompetenzniveau);
  • zu einer Ungleichbehandlung der Absolvierenden führen und
  • letztlich den Fachkräftemangel verstärken und die Versorgungssicherheit gefährden.

H+ setzt sich für die Sistierung des laufenden Prozesses ein
H+ hat sich in seiner Stellungnahme zuhanden der SHK dafür eingesetzt, dass der laufende Prozess zur Aufhebung der bestehenden Regelung der AWE bei den Gesundheitsberufen bis auf Weiteres gestoppt wird. H+ stimmt keiner der von der SHK vorgeschlagenen Optionen für die künftige Regelung der einjährigen Arbeitswelterfahrung zu. H+ beantragt dem Hochschulrat, die Ausarbeitung einer neuen Regelung für die Arbeitswelterfahrung zu sistieren. Grundsätzlich wünschen wir aus den genannten Gründen, den Status Quo beizubehalten.

H+ fordert zudem, dass eine allfällige Veränderung der aktuellen Übergangsbestimmung durch eine HFKG-konforme Regelung unter Einbezug der genannten Akteur:innen des Gesundheitswesens erfolgt. Die Umsetzungsvorschläge müssen zusammen mit diesen entwickelt werden. Die Akteur:innen müssen grossmehrheitlich mit der getroffenen Entscheidung einverstanden sein.

Der Hochschulrat wird sich an seiner Sitzung im November 2023 mit den eingegangenen Stellungnahmen befassen und über das weitere Vorgehen in dieser Sache entscheiden.

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