Tarifierung ambulante Medizin: Stand der Arbeiten und Stellungnahme TARDOC

Die Arbeiten an der Tarifstruktur für ambulante DRG-Pauschalen in Kombination mit Einzel- und/oder Zeitleistungen schreiten in grossen Schritten voran. Ziel ist und bleibt, dem Bundesrat einen genehmigungsfähigen Tarifierungsvorschlag bis Ende dieses Jahres einzureichen. Darauf haben sich die Tarifpartner auch im Rahmen des «Letter of intent» geeinigt, der im März 2021 von allen Tarifpartnern unterzeichnet wurde. In der Zwischenzeit hat auch das Parlament den Weg frei gemacht und die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, damit im ambulanten Bereich schweizweit einheitliche Pauschalen angewendet werden können und den Vorrang gegenüber Einzel- oder Zeitleistungen erhalten.

Im Bereich der Tarifierung der ambulanten Medizin hat sich in den letzten Monaten viel getan. Gerne geben wir Ihnen einen Überblick über die Tätigkeiten und den Stand der Arbeiten.

Tariforganisation für ambulante Pauschalen gründet
H+, santésuisse und FMCH haben am 25. Mai 2021 die Tariforganisation «solutions tarifaires suisses sa» gegründet. Damit schaffen die Organisationen den Rahmen, um ambulante Pauschalen rasch auszuarbeiten und weiterzuentwickeln. FMCH und santésuisse haben dem Bundesrat im vergangenen Jahr ein erstes Paket von 75 ambulanten Pauschalen zur Genehmigung vorgelegt, welche die Tarifpartner nun auf Basis von reellen Kosten- und Leistungsdaten der Spitäler und der Tarifstruktur SwissDRG 11.0 weiterentwickeln. Weiter erarbeiten sie zusätzliche ambulante Pauschalen mit dem Ziel, ein möglichst grosses Volumen DRG-basiert sachgerecht pauschalieren zu können.

Arbeiten an Tarifierungsvorschlag ambulante Pauschalen schreiten voran
H+ orientiert sich bei der Pauschalierung an den Grundsätzen, die im «Letter of intent» zwischen den Tarifpartnern festgehalten wurden. Für H+ ist zudem zentral, den vom Bundesrat vorgegeben Zeitplan betreffend Ablösung TARMED einzuhalten und bis Ende dieses Jahres eine Tarifstruktur mit ambulanten DRG-Pauschalen in Kombination mit Einzel- und/oder Zeitleistungen vorzulegen. Aus diesem Grund werden derzeit einerseits Kostendaten der Spitäler und Kliniken ausgewertet und andererseits, basierend auf den abgerechneten Leistungen sowie der Tarifstruktur SwissDRG 11.0, der ambulante Fallpauschalenkatalog entwickelt.

Mehr als 40 Spitäler haben Datenlieferungsvertrag unterzeichnet
Die Tarifpartner bedanken sich an dieser Stelle für die sehr grosse Unterstützung der Spitäler: Über 40 Spitäler haben den Datenlieferungsvertrag unterzeichnet und verschiedene Spitäler unterstützen die Projektarbeiten mit dem notwendigen Expertenwissen und somit mit personellen Ressourcen. Auf beides ist das Projekt zwingend angewiesen, damit bereits die erste Version eine gute Abbildungsgenauigkeit erreicht und der sportliche Zeitplan eingehalten werden kann. In den kommenden Wochen und Monaten wird die kosten- und leistungsbasierte Entwicklung des ambulanten Fallpauschalenkatalogs weitergehen und zudem ein einfacher Zeit- und Einzelleistungskatalog erstellt, voraussichtlich basierend auf TARDOC 1.2, für die Leistungssettings, die sich nicht für die Pauschalierung eignen.

Ambulanter Bereich: Hohe Anzahl Fälle sind standardisiert
Die ersten Ergebnisse zeigen auf, dass im ambulanten Bereich eine hohe Anzahl Fälle sehr standardisiert sind und eine homogene Abbildung in einem überschaubaren Fallpauschalenkatalog möglich ist. Dies entspricht den Analysen unter TARMED, wo bekanntlich mit ca. 600 Tarifpositionen 97 Prozent des abgerechneten Spitalvolumens abgedeckt wird. Weiter stimmt dies zuversichtlich, dass die Kodierung der ambulanten Fälle sehr einfach sein wird. Die Kodierung im ambulanten Bereich muss sicherlich intelligent konzipiert werden, damit die bereits knappen Ressourcen nicht für die komplexen stationären Fälle beansprucht werden müssen. Es lohnt sich, sich hierzu frühzeitig Gedanken zu machen und insbesondere auch die automatisierte Kodierung für die standardisierten und einfachen Fälle anzugehen und voranzutreiben.

An der Aktivkonferenz Akutsomatik, die neu am 1. September 2021 stattfindet, sowie an den weiteren geplanten Aktivkonferenzen im Laufe des Herbstes, werden wir Sie erneut über den Stand der Arbeiten informieren und einen ersten Einblick in die Tarifstruktur geben.

Parlament stimmt ambulanten Pauschalen zu
Im Parlament sind die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden, damit schweizweit einheitliche Pauschalen im ambulanten Bereich angewendet werden können. Am 9. Juni 2021 hat der Nationalrat diesem Gesetz mit 183:0 Stimmen zugestimmt und damit die letzten Differenzen ausgeräumt. In der Schlussabstimmung am 18. Juni 2021 hat das Parlament dem Gesetz ebenfalls zugestimmt.

Geschäftsstelle analysiert TARDOC
Im Rahmen mehrerer Informationsveranstaltungen der ats-tms AG konnten einige H+ Mitglieder TARDOC näher begutachten und Simulationen mit den betriebseigenen Daten machen, um diese mit der TARMED-Version 1.9_BR zu vergleichen. Einige Spitäler und Kliniken haben von dem Angebot der ats-tms AG Gebrauch gemacht. Auch wenn die Resultate dieser Analyse vielversprechend erscheinen, ist davon auszugehen, dass bei einer Einführung von TARDOC die Ergebnisse ernüchternd sein würden. Es gilt bei diesen Simulationen zu bedenken, dass:

  • diese auf sehr vielen unsicheren Annahmen beruhen,
  • das komplexe Regelwerk und insbesondere die Limitationen nicht berücksichtigt sind,
  • das Normierungskonzept Korrekturmassnahmen vorsieht,
  • die Tarife bzw. die Taxpunktwerte für TARDOC zuerst noch ausgehandelt werden müssen.

Weiter hat die ats-tms AG ambulante Pauschalen mehrfach und wiederholt auf unsachliche Weise kritisiert. H+ ist davon überzeugt, dass Pauschalen im ambulanten Bereich der richtige Weg sind, um endlich wieder kostendeckende Tarife in diesem Bereich zu erreichen, und diese mithelfen, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zu dämpfen.

Die H+ Geschäftsstelle ist deshalb aktuell daran, die neueste TARDOC-Version zu analysieren. Dies ist u.a. eine Aufgabe, die im «Letter of intent» festgehalten wurde. Für eine eingehende Analyse der Tarifstruktur und deren Grundlagen gewähren sich die Parteien gegenseitige Dateneinsicht. H+ wird seine Analyse als Stellungnahme den Mitgliedern, den Tarifpartnern sowie dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) einreichen. TARDOC wurde am 12. Juli 2019 dem Bundesrat zur Genehmigung eingereicht. Eine erste Nachreichung in Bezug auf die Kostenneutralität erfolgte am 25. Juni 2020. Am 30. März 2021 lieferten FMH, curafutura und MTK eine dritte Version (TARDOC 1.2) mit weiteren Zusatzinformationen und Anpassungen (insbesondere Ausweitung der Garantie der Kostenneutralität auf zwei Jahre). Im Widerspruch zu den im «Letter of intent» festgehaltenen Abmachungen pocht die ats-tms AG auf eine Einführung des TARDOC auf den 1. Januar 2022.

Auch wenn aus Sicht des Bundesrates eine Genehmigung von TARDOC aufgrund der fehlenden Mehrheiten insbesondere auf der Seite der Leistungserbringer rechtlich nicht möglich ist, so steigt der Druck auf den Bundesrat und dieser muss sich zu TARDOC positionieren. Es ist davon auszugehen, dass er an seinem Zeitplan festhalten wird und von allen Tarifpartnern eine Einreichung des überarbeiteten TARDOC und der fertigstellten ambulanten Pauschalen bis Ende 2021 erwartet. H+ und santésuisse unterstützen dieses in jeder Hinsicht kohärente und zukunftsgerichtete Vorgehen.

Kontakt

Anne-Geneviève  Bütikofer

Anne-Geneviève Bütikofer

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