TARMED: H+ bekämpft nicht sachgerechten Verordnungsentwurf und verlangt Umsetzung der Totalrevision

Mit dem Verordnungsentwurf des Bundes für den TARMED verschlechtert sich die Tarifstruktur weiter. Vom nicht sachgerechten Tarifeingriff des Bundes sind vor allem Kinder, psychisch Kranke und ältere Menschen betroffen. Nach dem Urteil des Kantonsgerichts Luzern fordert H+ einen Marschhalt beim TARMED-Eingriff. Als Lösung hält H+ an der Totalrevision des TARMED fest.

Der Verordnungsentwurf des Bundesrates für den TARMED verschlechtert die bestehende Tarifstruktur nochmals. Bereits heute untertarifierte Bereiche, wie die Kinder- und Notfallmedizin, werden im Entwurf nochmals schlechter gestellt. Dem vorgeschlagenen Tarif fehlt zudem die vom Gesetz geforderte sachgerechte und betriebswirtschaftliche Bemessungsgrundlage. H+ ist vor allem empört darüber, dass der Bund bei seinem Vorschlag die Anträge der Versicherer basierend auf Schätzungen, Abrechnungsdaten und Rationierungen weitgehend übernommen hat.
Die Eingabe von H+, die dem Bund seit dem 3. November 2016 vorliegt, basiert auf medizinischem Wissen und betriebswirtschaftlich fundierten Kostendaten. Doch diese neue Tarifstruktur der Spitäler und Kliniken berücksichtigte das BAG nicht.

Wegweisendes Urteil stellt Gesetzeswidrigkeit beim TARMED-Eingriff fest
Den gleichen Fehler hat der Bund schon bei seinem ersten Tarifeingriff im 2014 gemacht, indem er spezialisierte Leistungen mit der Rasenmähermethode senkte, um so CHF 200 Mio. zugunsten der Hausärzte umzuverteilen. Diese rein politische Motivation des Bundes wurde nun Ende Mai 2017 erstinstanzlich vom Kantonsgericht Luzern als gesetzeswidrig verurteilt. H+ begrüsst das Urteil, da das Kantonsgericht Luzern dem Bundesrat bzw. BAG die Regeln für subsidiäre Eingriffe aufzeigt und damit Recht vor Politik gilt. Aus Sicht von H+ widerspricht auch der geplante zweite subsidiäre TARMED-Eingriff dem Gebot der Sachgerechtigkeit und der betriebswirtschaftlichen Bemessung, da die effektiven Kostendaten der Leistungserbringer nicht berücksichtigt wurden. Darum verlangt H+, dass der Bundesrat die Konsequenzen aus der Begründung des Gerichtsurteils zieht und fordert den Bund auf, den nächsten Eingriff sofort zu sistieren. Nach Ansicht von H+ darf nicht sein, dass der Bund einen Tarif, der schon gesetzeswidrig ist, noch ein zweites Mal in nicht sachgerechter Weise anpasst.

Rationierung bei den schwächsten Patientengruppen

Der Verordnungsentwurf TARMED stellt durch willkürliche Limitationen die Weichen für Rationierungen. H+ sieht ein grosses Problem bei den Zeitlimitationen, die den Ärztinnen und Ärzten für Vorabklärungen und Behandlungen viel weniger Zeit zugestehen. Es sind vor allem Kinder, psychisch Kranke und ältere Patienten, die für eine gute medizinische Behandlung mehr Zeit benötigen und damit wären sie von der Rationierung besonders stark betroffen. Zudem wären tagesklinische Eingriffe in Spitälern und ambulante Behandlungsprogramme in der Psychiatrie unter diesen Bedingungen nicht mehr tragbar. H+ fordert deshalb, die Limitationen fallen zu lassen.

Eingriff schwächt die Tarifpartnerschaft weiter und ist nicht nachhaltig

Am 3. November 2016 reichte H+ nach über vierjährigen Revisionsarbeiten dem Bundesrat eine neue, sachgerechte und betriebswirtschaftlich bemessene Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen zur Festsetzung ein. H+ eröffnete damit dem Bundesrat die Möglichkeit, in kurzer Zeit und mit wenig Aufwand eine aktualisierte und zukunftsorientierte Tarifstruktur in die Vernehmlassung zu geben. Diese Chance für einen Neuanfang hat der Bundesrat nicht genutzt.
Der erste subsidiäre Eingriff des Bundes in den TARMED im 2014 hatte bereits gezeigt, dass behördliche Eingriffe die Tarifpartner nicht dazu bewegen, partnerschaftliche Lösungen zu finden. Auch mit dem vorliegenden Eingriff zugunsten der Versicherer werden diese künftig kaum Interesse an einer Totalrevision haben.
Mit dem Tarifeingriff will der Bundesrat auch die Ausgaben der sozialen Krankenversicherung senken. Doch dies ist nicht nachhaltig, da die Gründe für das Mengenwachstum im ambulanten Bereich vor allem bei der demografischen Entwicklung und beim medizinischen Fortschritt zu suchen sind. Die medizinische Innovation erlaubt mehr ambulante statt stationäre Behandlungen. Das ist patientenfreundlich und entspricht auch einer Forderung der Politik, da ambulante Eingriffe kostengünstiger sind als stationäre. Die vorgeschlagenen massiven Leistungseinschränkungen und Reduktionen im ambulanten Tarif verhindern aber diese medizinisch sinnvolle Verlagerung und stehen im Widerspruch zur politischen Forderung ambulant vor stationär.

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