H+ Jahresmedienkonferenz 2017: TARMED-Eingriff vergrössert Defizit
An seiner Jahresmedienkonferenz am 22. Mai 2017 hat H+ darauf hingewiesen, dass der drohende Tarifeingriff des Bundes in die ambulante Tarifstruktur TARMED das Defizit in den Spitälern und Kliniken im spitalambulanten Bereich weiter vergrössern wird. Die Tarifeinschränkungen sind vor allem bei der Kinder-, Notfall- und Altersmedizin sowie in der Psychiatrie problematisch.
Die Spitäler und Kliniken nehmen neben den Hausärzten und Spezialisten eine tragende Rolle in der Grundversorgung ein. Rund 40 Prozent der ambulanten Leistungen werden in Spitälern und Kliniken erbracht. Doch die ambulante Tarifstruktur TARMED hinkt den reellen Kosten in den Spitälern und Kliniken sowie in den Arztpraxen schon seit Jahren hinterher. Grund dafür ist die seit über zehn Jahre dauernde Blockadesituation zwischen Leistungserbringern und Versicherern, die eine Gesamtrevision des TARMED durch alle Tarifpartner verunmöglichte. Mit dem im März angekündigten Eingriff des Bundesrates in den aktuellen TARMED wird die Situation nicht verbessert. H+ Präsidentin Isabelle Moret betonte an der H+ Jahresmedienkonferenz: «Der Tarifeingriff des Bundes raubt den Tarifpartnern jegliches Interesse, partnerschaftliche Lösungen für einen neuen ambulanten Tarif zu finden.» Besser wäre von der stationären Tarifstruktur und der professionellen Organisation SwissDRG zu lernen. Dort klappt die Tarifpartnerschaft seit Einführung des Fallpauschalensystems 2012 gut. Moret unterstrich, dass H+ auch weiterhin alles daran setzen wird, eine sachgerechte und kostendeckende ambulante Tarifstruktur zusammen mit den Tarifpartnern zu erarbeiten.
Tarifeingriff belastet untertarifierte Bereiche noch mehr
H+ Direktor Bernhard Wegmüller hob an der Medienkonferenz hervor, dass mit dem Tarifeingriff des Bundes das Defizit im ambulanten Bereich der Spitäler und Kliniken von derzeit rund CHF 600 Mio. pro Jahr sich auf rund CHF 900 Mio. erhöhen wird. Kritisch ist der vorgesehene Eingriff besonders in der Notfall-, Alters- und Kindermedizin sowie in der Psychiatrie, da aufgrund der vorgesehenen zeitlichen Limitationen die Ärzte weniger Zeit aufwenden können. H+ befürchtet deshalb auch Einbussen bei der Behandlungsqualität. Bernhard Wegmüller betonte, dass die Spitäler und Kliniken für die Aufrechterhaltung der Notfallversorgung auch die Notfallpauschale abrechnen dürfen sollen. Die Spitäler und Kliniken erbringen mit ihren Notfallstationen und ambulanten Notfallpraxen rund um die Uhr, an 356 Tagen so genannte Vorhalteleistungen, indem Pflegepersonal, Ärzte und andere Fachpersonen immer zur Verfügung stehen. Diese Leistung kostet und muss abgegolten werden. Die von H+ eingereichte datenbasierte Totalrevision würde alle diese offenen Punkte klären.
Pauschalen an den Schnittstellen als Chance
Für Leistungen an der Schnittstelle zwischen stationärem und ambulantem Bereich schlägt H+ spitalambulante Pauschalen vor, welche die Effizienz und Behandlungsqualität steigern. Im Bereich Akutsomatik können One-Day-DRGs diesen Zweck erfüllen, für die Psychiatrie leistungsbezogene tagesklinische Pauschalen und in der Rehabilitation Pauschalen für ambulante Behandlungsprogramme. Mit sachgerechten und kostenbasierten Pauschalen würde der Trend der Verschiebung von stationären Leistungen in den ambulanten Sektor unterstützt. Zudem sieht H+ die Chance, mit spitalspezifischen Pauschalen für Leistungen an den Schnittstellen von stationär zu ambulant die Tarifpartnerschaft wiederzubeleben.