Wenig Karussell-Effekte durch SwissDRG

Die Studie von Dialog Ethik bei Hausärzten sowie Spitex- und Heimverantwortlichen zeigt, dass sich durch die Systemumstellung wenig Wesentliches verändert hat. Einige Entwicklungen, wie die Tendenz zu früheren Entlassungen, haben schon vorher eingesetzt.

Im Sommer 2013 befragte gfs-zürich im Auftrag von Dialog Ethik mit Leitfadeninterviews Hausärzte, Spitexverantwortliche und Heimverantwortliche der Kantone Bern, Basel-Stadt/Land und Zürich zur Einführung der SwissDRG. Um die befürchteten und effektiven Auswirkungen vergleichen zu können, war dies bereits die zweite Befragung. Die erste Befragung fand vor der Einführung des neuen Systems statt.

Wider Erwarten der Studienauftraggeber äusserten sich einige befragte Spitex- und Heimvertreter bei der zweiten Befragung positiv zu der Einführung der DRG. Der Vergleich der beiden Befragungen zeigt folgendes Bild:

Gezieltere Abklärungen
Die Hoffnung, das neue System führe zu sorgfältigeren Abklärungen, weil Fehlbeurteilungen teurer würden, hat sich nicht erfüllt. Es gab lediglich eine Verlagerung zu umfangreicheren Diagnoselisten. Die Befragten beobachten auch keine Tendenz zu Über- oder Unterabklärungen. Zum Teil ist man aber der Meinung, es werde gezielter abgeklärt, was durchaus im Sinne der Patienten ist.

Kostendenken hat zugenommen
In dieser Frage sind sich die Befragten nicht sicher, wie sie die Lage beurteilen sollen. Tendenziell überwiegt der Eindruck, das Kostendenken habe zwar zugenommen, die Patienten verkämen aber nicht zum reinen Kostenfaktor. Es wird aber dennoch bedauert, dass heute die Kosten zuvorderst stehen und somit der soziale Faktor zu kurz kommt. Die Befürchtung, die individuelle Betreuung werde vernachlässigt, wurde klar nicht bestätigt.

Prozesse bei Nachsorgung optimiert
Die Hoffnung, dass die Patientenwege effizienter werden und sich die Stakeholder stärker vernetzen, hat sich teilweise bestätigt. Zwar sagen auch viele Befragte, die Situation sei gleich wie früher, es gibt aber auch Stimmen, die finden, man arbeite gerade wegen den kürzeren zeitlichen Abläufen besser zusammen. Die aufgrund der kurzfristigeren Spitalentlassungen entstandenen Schnittstellenprobleme führten dazu, dass die nachbetreuenden Institutionen ihre Organisation optimiert haben.

Karussell-Effekte grösstenteils ausgeblieben
Über Karussell-Effekte wird nur ganz vereinzelt berichtet. Das ist vielleicht der überraschendste Befund dieser Studie. Die Patienten würden zwar früher aus dem Spital entlassen, in der Regel aber in einem genügenden medizinischen Zustand, so dass die Anschlussbetreuung durch die Hausärzte, Spitex oder das Heim gewährleistet werden kann, sofern diese rechtzeitig geregelt wurde. Hier haben sich die Befürchtungen zum Teil bestätigt, indem nicht immer genügend abgeklärt wurde, ob eine Anschlusslösung bereit steht. Die sehr kurzfristigen Entlassungen stellen die weiterbetreuenden Institutionen zuweilen vor Probleme.

Position der Nachsorger gestärkt
Hier haben sich die Hoffnungen eher bestätigt. Die Hausärzte beklagen zwar immer noch, bei den Entscheidungen der Spitäler zu wenig einbezogen zu werden, und es gebe Mängel bei der Kommunikation und Dokumentation. Es gibt aber auch Stimmen, die feststellen, dass sich Kliniken mehr um die Hausärzte bemühen, weil sie selber bei der Bettenbelegung im Konkurrenzkampf stehen. Die Heime und Spitex-Dienste haben die Herausforderung angenommen und ihr Aufgabengebiet erweitert. Sie können entsprechend nun mehr Leistungen anbieten. In den Heimen stellt man erfreut fest, dass sich die Erwartung, dass die Patienten früher zurückkommen, erfüllt hat.

Kritische Stimmen aus erster Befragung
Bereits vor Einführung der Fallpauschalen gab es kritische Stimmen, was die Versorgung vulnerabler Patienten in den Spitälern und den Übergang vom stationären in den ambulanten Bereich anbelangt. So wurde in der ersten Befragung festgestellt, dass die zeitliche Kapazität der Spitäler zunehmend knapper wird, was den Bedürfnissen der vulnerablen Patienten zuwiderlaufe. Weiter bemängelte man schon damals die zuweilen sehr kurzfristige Information und mangelnde Absprache beim Austritt aus dem Spital. Es wurde kritisiert, dass nicht genügend darauf Rücksicht genommen wird, ob der Anschluss gewährleistet ist. Alle Befragten fühlten sich aber grundsätzlich in der Lage, die vulnerablen Patienten ihren beruflichen Qualitätsstandards entsprechend weiter zu betreuen.

Weiterführende Informationen
Die DRG-Studie finden Sie in der rechten Spalte zum Download. Das Medizinethik-Institut ging zudem in seiner Oktober-Ausgabe des e-Journals «Thema im Fokus» näher auf den Abschlussbericht ein. Das e-Journal können Sie bei Dialog Ethik zum Preis von CHF 25.-- beziehen.

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