Lieferengpässe bei Medikamenten: Notsituationen abwenden mit Direktimporten

Die Spitalapotheker kämpfen vermehrt mit Lieferengpässen bei Medikamenten. Bei Krebsmedikamenten spitzt sich die Lage dramatisch zu. Um Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden und Therapien sicherzustellen, werden die Arzneimittel direkt importiert. Im ambulanten Spitalbereich macht vor allem die Kostenübernahme durch die Kassen Sorgen.

Die Arbeitsgruppe Versorgung und Ökonomie des Vereins Schweizerischer Amts- und Spitalapotheker GSASA zieht folgendes Fazit: «Die Liefer- und Versorgungssicherheit im Arzneimittelbereich hat sich in den letzten Jahren permanent verschlechtert und mit der momentanen Eskalation im Bereich Onkologika teilweise dramatische Züge angenommen.» Betroffen von den Lieferengpässen sind vorab grössere und spezialisierte Spitäler und Kliniken. Dabei geht es in der Schweiz momentan um rund 50 Firmen mit Lieferengpässen bei rund 150 Präparaten. Der Notstand bei der Medikamentenversorgung ist aber ein weltweites Problem und wird vor allem auf Qualitätsprobleme bei der Wirkstoff- und Arzneimittelproduktion sowie auf gestiegene Nachfrage und wachsenden Kostendruck zurückgeführt. Die Pharmafirmen konzentrieren sich zunehmend auf lukrative Produkte und Märkte.

Therapien und Sicherheit gewährleisten
Eine Auswertung zu den Lieferengpässen der Spital-Pharmazie Basel hat aufgezeigt, dass nur in 10% der Fälle es nicht möglich war, einen adäquaten Ersatz zu beschaffen. In 42% der Fälle konnte ein identisches Präparat über alternative Bezugsquellen beschafft werden (vorwiegend Direktimport), teilweise in einer anderen Dosierung, Packungsgrösse oder galenischen Form. Als weitere Lösung kommt der Ersatz durch Produkte mit identischem Wirkstoff oder aus der gleichen therapeutischen Gruppe in Frage. Die GSASA geht davon aus, dass zurzeit bei rund 90% der Produkte mit zum Teil länger andauernden Lieferschwierigkeiten vor allem durch Direktimporte Alternativ-Präparate beschafft werden können. Dank dieser Ersatzbeschaffungen im Ausland konnte die Arzneimittelversorgung sichergestellt und die Therapien der Patienten gewährleistet werden. Der Aufwand für die Beschaffung im Ausland ist jedoch beträchtlich, sowohl logistisch als auch administrativ. Die direktimportierten Ersatzprodukte selbst sind meistens auch teurer als der Bezug in der Schweiz.

Bundesamt für Gesundheit schaltet sich ein
Nachdem die Medikamenten-Engpässe vermehrt für Schlagzeilen sorgten, schaltete sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein und lud Ende Mai die GSASA sowie die betroffenen Vollzugsbehörden von Bund und Kantonen zu einer Aussprache ein. Die GSASA vertrat dabei auch die Interessen von H+ und koordiniert die Suche nach Lösungsansätzen. Im Zentrum steht die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und die Übernahme der Kosten durch Krankenkassen beim Direktimport. Die erste Aussprache mit dem BAG brachte erwartungsgemäss noch keine konkreten Lösungen und Verbesserungen, dennoch war sie wertvoll für alle Beteiligten.

Ungedeckte Zusatzkosten
Die Spitäler sind vor allem mit dem administrativen Mehraufwand und den höheren, nicht gedeckten Kosten der Ersatzpräparate konfrontiert. Noch nicht sensibilisiert sind vor allem auch die Krankenkassen, die zum Teil im ambulanten Bereich die Bezahlung von Ersatzpräparaten verweigern. Das kann für ambulant behandelte Patientinnen und Patienten bedeuten, dass sie die Kosten übernehmen müssen. Im stationären Bereich bleiben bei der Abrechnung über Fallpauschalen die Zusatzkosten beim Spital hängen.

Die GSASA und H+ fordern das Bundesamt für Gesundheit auf dafür zu sorgen, dass die Krankenkassen die Kosten für die Ersatzbeschaffungen von kassenpflichtigen Medikamenten vollumfänglich übernehmen. Dieser Grundsatz muss auch gelten, wenn auf nicht in der Schweiz registrierte Arzneimittel, Dosierungen und galenische Formen zurückgegriffen werden muss. Ein Lösungsansatz wäre als Übergangsregelung eine unbürokratische Aufnahme von Ersatzpräparaten auf die Spezialitätenliste mit den kassenpflichtigen Präparaten.

Die Spitalapotheker erwarten von den Pharmafirmen und den Importeuren möglichst frühzeitige Meldungen über zu erwartende Lieferengpässe.

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