Neues Erwachsenenschutzrecht ab 1. Januar 2013

Der Bundesrat hat das neue Erwachsenenschutzrecht per 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt. Künftig entscheidet pro Kanton eine Fachbehörde über Belange des Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes.

Das Parlament hat das seit 1912 beinahe unverändert gebliebene Vormundschaftsrecht im Bereich des Erwachsenenschutzrechts, Personenrechts und Kindesrechts an die heutigen Verhältnisse und Anschauungen angepasst. Der Bundesrat hat das neue Recht per 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt.

Selbstbestimmungsrecht fördern mit Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung
Das neue Erwachsenenschutzrecht will mit massgeschneiderten Massnahmen sicherstellen, dass künftig nur soviel staatliche Betreuung erfolgt wie nötig ist. Mit einem Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person neu ihre Betreuung und rechtliche Vertretung im Fall einer Urteilsunfähigkeit regeln. Darüber hinaus kann sie mit einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt, oder eine Person bestimmen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit entscheidungsbefugt ist. Wenn keine solche Patientenverfügung vorliegt, haben bestimmte Kreise von Angehörigen das Recht, medizinischen Behandlungen für die urteilsunfähige Person zuzustimmen bzw. diese zu verweigern.

Das Gesetz regelt weiter, dass die Versicherten auf der Versichertenkarte eintragen lassen können, ob eine Patientenverfügung besteht und wo diese hinterlegt ist. Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt hat bei urteilsunfähigen Patientinnen und Patienten anhand der Versichertenkarte künftig abzuklären, ob eine Patientenverfügung vorliegt.

Wie H+ bereits mehrfach kommuniziert hat, ist es heute und vermutlich zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des neuen Erwachsenenschutzrechtes 2013 technisch noch nicht möglich, diesen Eintrag auf der Versichertenkarte vorzunehmen. Erst braucht es eine neue Generation von Versichertenkarten, damit diese über weitere Nutzungsmöglichkeiten verfügen kann. Wann dies der Fall sein wird, ist offen.

Urteilsunfähige Personen in Einrichtungen: schriftlicher Betreuungsvertrag
Urteilsunfähige Personen, die in Einrichtungen leben, müssen jenen Schutz geniessen, den sie brauchen. Deshalb muss für diese Personen ein schriftlicher Betreuungsvertrag abgeschlossen werden, damit über die erbrachten Leistungen Transparenz besteht. Weiter sind im Gesetz die Voraussetzungen umschrieben, unter denen Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit zulässig sind.

Neu: Vier Arten von Beistandschaften
Künftig gibt es vier Arten von Beistandschaften anstelle der bisherigen Formen der Vormundschaft, Beiratschaft und Beistandschaft:

  • Eine Begleitbeistandschaft ist nur möglich, wenn die hilfsbedürftige Person zustimmt. Sie lässt die Handlungsfähigkeit unberührt.
  • Bei der Vertretungsbeistandschaft muss sich die betroffene Person die Handlungen des Beistands / der Beiständin anrechnen oder gefallen lassen. Die Behörde kann je nach Situation die Handlungsfähigkeit punktuell einschränken.
  • Die Behörde setzt eine Mitwirkungsbeistandschaft ein, wenn bestimmte Handlungen einer hilfsbedürftigen Person zu deren Schutz der Zustimmung des Beistands / der Beiständin bedürfen.
  • Die umfassende Beistandschaft lässt die Handlungsfähigkeit der hilfsbedürftigen Person von Gesetzes wegen entfallen.

Die Begleit-, die Vertretungs- und die Mitwirkungsbeistandschaft sind miteinander kombinierbar. Die Behörde muss den Aufgabenbereich des Beistands / der Beiständin bei diesen drei Formen der Beistandschaft entsprechend den Bedürfnissen der betroffenen Person individuell festlegen.

Fürsorgerische Unterbringung: mehr Rechtsschutz für Betroffene
Personen, die einer fürsorgerischen Unterbringung bedürfen, geniessen ab 2013 einen besseren Rechtsschutz. Wichtige Verfahrensvorschriften sind neu gesetzlich verankert. Unter anderem ist neu auch die ärztliche Einweisungskompetenz beschränkt. Eine Person, die aus fürsorgerischen Gründen in einer dafür vorgesehenen Einrichtung untergebracht wird, hat künftig das Recht, eine Vertrauensperson beizuziehen. Zudem ist die Behörde verpflichtet, die Unterbringung periodisch zu überprüfen. Die stationäre Behandlung von Personen mit einer psychischen Störung, die mit dieser Unterbringung nicht einverstanden sind, ist neu abschliessend auf Bundesebene geregelt.

Kantonal nur noch eine Fachbehörde für Erwachsenenschutz
Heute ist das Vormundschaftswesen uneinheitlich und unübersichtlich organisiert. Künftig müssen alle Entscheide im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes bei einer Fachbehörde pro Kanton konzentriert sein.

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